MUSEUMSDORF VOLKSDORF 
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Der Tag, an dem die Kälbchen kamen

Ein kleines Empfangskomitee steht an diesem regnerischen Sommertag am Eingang des Museumsdorfes. 
Und wartet.
Egbert Läufer, Beisitzer im Vorstand, hat noch kurzerhand die schmucke Pute Otto unter seine Fittiche genommen und ins Gehege gebracht.
Kurz zuvor hatte Kathi Dwenger, unsere Bäuerin, angerufen und mitgeteilt: „In 30 Minuten sind wir da!“

Es ist Mittwoch, der 30. Juli, um 15.30 Uhr, als der Museumsdorf-Sprinter samt Pferdeanhänger auf dem Gelände eintrifft. Fahrer und Vorstandsmitglied Klaus-Peter Hochscherf und Beifahrerin Kathi steigen aus. 
Sie haben gerade insgesamt mehr als sechs Stunden Fahrt hinter sich, um die beiden neuen Museumsdorf-Bewohnerinnen zu ihrem Ziel zu transportieren: Martha und Ahri



Sie sind nur wenige Wochen alt, wiegen jeweils 50 Kilogramm und haben wunderschöne dunkle Augen und Wimpern. 
Es sind zwei Kälbchen einer alten Kulturrasse, die auf der Roten Liste der gefährdeten einheimischen Nutztierarten steht – dem Deutschen schwarzbunten Niederungsrind (DSN). 

Das Museumsdorf möchte mit dem Kauf der beiden Jungtiere (Preis: jeweils 500 Euro) aus dem niedersächsischen Jade einen Beitrag zum Erhalt dieser Art leisten und sie mittelfristig zu Arbeitstieren erziehen. 
Martha und Ahri sind die Nachfolgerinnen der beiden Kühe gleichen Vornamens, von denen wir uns vor einigen Monaten trennen mussten, weil sie leider nicht zum Nutzungskonzept passten. 

Die Anschaffung wurde möglich durch eine Spende der Rotary Clubs Hamburg-Volksdorf und Ahrensburg. Sie haben auch den Namen der Tiere ausgesucht.


Klaus Peter Hochscherf und Kathi Dwenger waren am frühen Mittwochmorgen mit dem Sprinter gestartet. Nach rund drei Stunden Fahrt und einer LKW-Mautgebühr von 38,50 Euro trafen sie am Hof von Landwirt Sven Gramsch, 2. Vorsitzender des Vereins zur Erhaltung der Deutschen schwarzbunten Niederungsrindes, ein. 
Er hat sich mit seinem idyllisch gelegenen Hof Mühlenhamm auf den Erhalt bedrohter Rassen spezialisiert, darunter auch Bunte Bentheimer Schweine, Vorwerk-Hühner und Warzenenten. 

Wenig später standen die beiden Volksdorfer vor einer Gruppe von gut 50 Rindern und hatten nun die Qual der Wahl. Diese oder jene? Oder vielleicht das Kälbchen ganz hinten? Schließlich sollen sie perfekt zum Hof im Museumsdorf passen und eines Tages in der Lage sein, den Göpel in der Grützmühle in Bewegung zu setzen und  Ackergeräte zu ziehen. So wie anno dunnemals.

Mit einigen Ratschlägen von Züchter Gramsch fiel die Entscheidung schließlich auf die beiden Tiere mit den gelben Nummern, 97375 und 97376. Die eine erblickte am 18. Juni das Licht der Welt, die andere am 30. Juni. Martha hat mehr Weiß auf dem Fell – Ahri weniger – so kann man die beiden unterscheiden.


Als der Sprinter am Mittwochnachmittag eintrifft, dauert es keine zehn Minuten mehr, bis die Ankömmlinge per Halfter in ihren frisch gekalkten und kuhgemütlich hergerichteten Stall im Harderhof geleitet werden. 97375 und 97376 sind noch ein wenig zögerlich, bis sie ihr neues Zuhause beziehen. Endlich geschafft!



Danach treffen sich alle im Backhaus, stärken sich mit Kaffee, Tee und Brötchen. Schließlich waren Klaus-Peter und Kathi 440 Kilometer unterwegs gewesen, wobei der Transport der Kälbchen völlig problemlos verlief, wie beide berichten. Wie es heißt, sollen Martha und Ahri keine Milchkühe werden. Nachwuchs bekommen sollen sie aber schon eines Tages. Dafür sei eine Ammen-Kuhhaltung vorgesehen.

Zunächst aber müssen die beiden Jung-Stars erwachsen werden. Sie bekommen täglich acht Liter Milch aus dem Nuckeleimer (aus speziellem Milchpulver) und dürfen auch Heu und Stroh fressen. 
Auch geht’s zügig auf die Spiekerwiese.

Mittagsschlaf


Wie es bei der Gesellschaft zur Erhaltung alter und gefährdeter Haustierrassen e.V. (GEH) heißt, entwickelte sich das Schwarzbunte Niederungsrind in den Küstenländern von den Niederlanden über die deutsche Nordseeküste bis Dänemark. Waren die Tiere zunächst meist einfarbig rot oder rotbunt, so setzte sich um 1750 die schwarz-weiße Farbe durch. Die Rasse wird grundsätzlich als Zweinutzungsrind mit guter Milchleistung der Kühe und guter Schlachtkörperqualität männlicher und weiblicher Tiere genutzt. Sie können bis zu 650 Kilogramm schwer werden. Wie Egbert Läufer sagt, sei es die einzige Kuhrasse, bei der allein der Verzehr von Gras genügt, um Milch zu produzieren.

Im Museumsdorf leben rund 85 Tiere. Dazu gehören unter anderem drei Schleswiger Kaltblutpferde, sieben Thüringer Waldziegen, neun Pommersche Landschafe, 20 Warzenenten und vier Puten. Und jetzt auch noch Martha und Ahri. Wir sind also wieder ein Muh-seumsdorf!

Edgar S. Hasse

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